Oder? 

Wir rannten,
Atemlos und berauscht;
Ganz im Moment
Der ewig währt.

Wir waren berauscht,
Bis wir stolperten
Fort der Atem
Den wir teilten.

Wir stolperten,
Im vollem Lauf;
Tot der Traum
Den wir schufen.

Oder?

Wir fühlten uns,
So wie wir waren.
Wir atmeten uns,
So wie wir sind.
Wir träumten uns,
So wie wir werden.

Lass mich erneut
Ein wenig träumen:
Vielleicht bleibt es.
Vielleicht ist der Traum,
solange er bleibt,
Unsere Wirklichkeit.

Oder?

Das Dasein des da sein

„Ich bin da!!!“
Schreibst du. Sogar mit drei Ausrufezeichen um noch deutlich darauf hinzuweisen, wie sehr du da bist. Und ich schaue mein Handy stumm an, eine Augenbrauen skeptisch nach oben gezogen und denke mir:
„Bist du?“
Schlechtes Gewissen überfällt mich,  denn schließlich sind wir nicht Irgendwas; wir sind etwas Besonderes. Mehr als nur ein wenig. Volle Kanne und ohne Rückhalt,  immer und jederzeit.
„Darf ich das? „
Frage ich mich, während ich auf das Display starre und mir sicher bin, dass du jetzt die blauen Pfeile siehst. Erkennst das ich schweige, auch wenn ich deine Worte gelesen habe.

Vor fünf Tagen:
Ich rief dich an, gerade aus der Heimat zurück und mit diversen Themen im Gepäck. Wollte reden, einfach so. Doch ich weiß ja, dich zu erreichen ist schwer wenn das Kind da ist. Aber dennoch versuchte ich es. Natürlich ging niemand ran und auch wenn ich das alles weiß und erwarte. . .
„Bist du es?“

Einige Stunden später:
Natürlich hatte es Gründe, warum du nicht reagiert hast. Die gibt es immer. Nachvollziehbare und verständliche. Und darüber haben wir auch schon gesprochen und du hast mein Verständnis. Aber es tat gut, an dem Abend nicht alleine gewesen zu sein. Ich war glücklicherweise gerade mit alten Freunden unterwegs, Nachrichten von Zuhause hatten mich dezent umgeworfen.
Wir vereinbaren kurz ein Telefonat für den Folgetag, meine kurze Schilderung bleibt unkommentiert. Auch okay. Habe ja Gesellschaft.
Das Telefonat:
„Auf jeden Fall!!! Wenn’s Dir nicht gut geht, dann jederzeit!!!“
Wieder diese vielen Ausrufezeichen.

Der Folgetag:
Ich rufe dich an, zu einer ‚jederzeit‘. Scheint die falsche zu sein. Ich kapsele mein Hirn ab und lenke mich anderweitig von meinen Gedanken ab.

Einige Stunden später:
„Telefonieren inner Stunde?“
Hat mir mein Handy seit mehr als einer Stunde mitzuteilen. Mehr nicht.

Der Folgetag:
[11:27] Du: ???
[11:32] Ich: Sorry. Gestern hatte ich mich dann schon zurückgezogen und erst spät aufs Handy geschaut. Bin jetzt auf dem weg zur Arbeit
[11.32] Du: Wie kann ich für Dich da sein?
[11:37] Ich: Im Moment vermutlich nicht

[12:59] Du: bin da!!!

Vorgestern Abend:
Ich schaue auf das Handy, das mir deinen Namen unter den klingelnden Hörer schreibt.
„Wofür?“
Es gibt Neues. Aber das bin ich schon losgeworden.
„Ich kann es nicht.“
Aber müsste ich es nicht können? Weil wir mehr sind als nur Sowas.
„Sind wir?“
Der Abend tröpfelt danach in gedämpfter Nachdenklichkeit zuende. Irgendwann zwischen ’spät‘ und ‚viel zu spät‘.

Gestern:
„Das Leben hechtet weiter, ich frag mich wie’s dir geht & wann wir uns wiedersehen können???
Ick schick Dir ne dicke fette Umarmung!!!“ Immerhin nur ne halbe Stunde nach deinem Anruf, den ich nicht annehmen konnte. Einfach weil ich nicht wollte. Weil es nichts zu sagen gäbe außer. . .

Blaue Haken meinerseits also. Und Kopfschütteln über die Satzzeichen.

Heute Nacht:
„Ich weiß nich. Können wir uns irgendwann sehen?“
Und auch wenn ich es nicht anders geschrieben habe, weiß ich das du den Tonfall hören aus dem einen Wort wirst.

„Ich bin da!!!“
Aber ich glaube dir nicht. Auch nicht mit ‚!!!‘ Nicht das du es bist, nicht das du es willst, nicht das du es kannst.
Dein Leben ist gehetzt und vollgepackt mit allem Möglichen. Und sollte sich Freiraum anbieten, wird dieser vollgepackt.
Glaube ich. Ich bekomme ja nicht so viel mit davon. Ich bin nichts Mögliches.
Statusupdates.
Oberfläche.
Newsflashs.

Ich glaube wieder nicht daran. An dieses Ding, das du beschwören willst. An das du so verzweifelt glaubst. Denn ich fühle mich nicht so. Nicht von dir, aber auch nicht für dich.
Nebensache.
Tangenten.
Peripherie.

Ich glaube dir nicht und mein Herz verkrampft sich, weil ich nicht anders kann als dir Alles vorzuwerfen. Ich zucke zusammen, denn ich sehe meine Ungerechtigkeit darin; noch schlimmer jedoch: ich sehe meine Ohnmacht dagegen. Wie wir uns entgleiten und es mich stetig weniger berührt. Berühren muss.

Denn wir sind nicht Irgendwas.

Oder?

Was bleibt ist eine Anekdote

Heyho, Hans-Detlef aus dem Bus hier.

Ich weiß, das hier ist total verrückt. Und creepy und sowieso eigentlich vergebens. Zumindest jedoch unkonventionell.
Vermutlich gibt es gute Gründe, dass du dich nicht gemeldet hast, bestimmt sogar.

Nun ja, manchmal habe ich es nicht so mit der Vernunft.
Und creepy ist es nur bedingt: dein Name, Ort und Beruf ergeben eine recht unikate Kombination, die Freund G. recht schnell mit dir in Verbindung brachte.

Hier in etwa wäre der Punkt an dem in schlechten Filmen der Protagonist der Protagonistin ins fast ausgesprochene Wort fällt und etwas in die Richtung „hear me out“ sagt. Und an dem der Zuschauer sich in diesem Nimbus zwischen Scham und Neugier befindet. Einerseits will er umschalten, wegrennen oder einfach ihn nehmen und schütteln. Andererseits ist es ja ein Film und egal wie vergebens es wirkt oder wie tief der Fettnapf sein mag; letzten Endes ist es ein Film und danach geht es weiter.

Hier also mein Monolog, in der Hoffnung jene Art sympathischer Spinner zu sein,  der nicht als Wahnsinniger weggesperrt wird (man beachte, dass das Schreiben meine Passion ist):

Es gibt in unserem Leben hin und wieder Begegnungen, die uns besonders erscheinen. Rational ist das schwer zu erklären, immerhin handelt es sich da zumeist um fremde Menschen. Wenn du Haruki Murakami gelesen hast, kannst du bestimmt ohne weitere Erklärungen erfassen, was ich meine. Oder du kennst diese Bildfolge mit dem weißen Hund auf dem Fahrrad in einer asiatischen Großstadt. Grundessenz beider Beispiele ist, dass das Leben manchmal eine Chance gibt für etwas, dass sich abhebt von den Erlebnissen des Alltags. Vermutlich sind meine Worte an diesen Punkt schon falsch verstanden worden,  oder ich wirke einfach wieder befremdlich/überbordend oder sonst irgendwas von dem, was man an dieser Stelle von mir halten könnte.

Daher lass mich dir am dieser Stelle eines erklären: ich bin weder verrückt noch verbissen oder verzweifelt. Ich bin mit mir im Reinen und was ich tue sollte erst einmal neutral betrachtet werden, denn so ist es niedergeschrieben.

Wenn ich mich selbst beschreiben müßte, dann wären das positivere Attribute. Ich will gerade es wagen mich erneut zum Honk zu machen, mich vor jemand anderes und vermutlich auch mir zu schämen, weil ich etwas getan habe was jetzt gerade zwar verrückt aber irgendwie auch schlüssig erscheint, später aber vermutlich nur noch peinlich ist. Denn wenn ich es nicht versuchen würde, wäre es eine vergebene Chance und davon. . . Davon habe ich nun wirklich genug.

Ich will es wagen noch einmal aus der abwehrenden, übervorsichtigen Art unserer Generation auszubrechen und mich selbst einzubringen. Einzubringen in dieses Spiel zwischen Sehnsucht nach echten Kontakten und Angst vor ungewollter Nähe.

Ich selbst denke mir bei dem schreiben dieser Worte, dass es schon ganz schön weit weg von dem ist, was man so zueinander sagt, wenn der Bekanntheitsgrad noch nicht den von wasauchimmer der Punkt ist den man da haben muss. Aber weißt du was?  Das ist mir ziemlich wumpe. Denn was habe ich zu verlieren? Verrückt ist ein Attribut,  dass ich vor einiger Zeit für mich geordert habe und zeitweise ausleihe.

Es gibt in mir diese Hoffnung, dass sich meine Art irgendwo in sich selbst fügt und Sinn ergibt. Dass das was ich schreibe unsinnig klingt und dennoch transportiert was ich von ihr erhoffe:

Das nämlich keine perfide und merkwürdige Art dahinter schlummert,  sondern ein Vertrauen in Menschen, jene Biester die wir beide nicht mögen. Ein Vertrauen darin, dass man mir glaubt wenn ich sage „ich tue nichts“. Nicht Unsicherheit und Bedürfnis mich treiben, sondern tatsächlich eine Entspanntheit und Freude an wertvollen Kontakten.

Hier erscheint mir eine gute Stelle, deinen Freund zu grüßen. Frauen wie du haben immer einen Freund. 😉 der Generalvorwurf der einem Mann gegenübersteht, wenn er Kontakte knüpfen will ist – dezent formuliert – ein kleines Hindernis in unbefangener Kommunikation mit Frauen. Kann ich sagen „du warst mir sympatisch“, ohne im geistigen Widerhall gleich „und bitte mach schmutzige, schmutzige Dinge mit mir!“ zu erzeugen? Aber auch das will ich wagen.

Klar und deutlich zu sagen, dass ich den Kontakt sehr genossen habe und deine Gesellschaft. So sehr, dass es mir als Verschwendung vorkäme, wenn das aufgrund sozialisierter Formularien stirbt. Hell, immerhin schreibe ich das hier alles! Gleichzeitig gehe ich auch das Risiko ein als Groupie missverstanden zu werden, denn wenn das so sein soll, dann ist das so.

Ich selbst bin jetzt an dem Punkt angelangt, an dem es mir schwer fällt mir zu folgen, darum will ich einfach mal mit diesen Worten enden:

Es würde mich freuen, wenn wir uns noch mal treffen. So mal ohne Hintergedanken, sondern einfach weil ich im Gefühl habe, dass unsere Begegnung wertvoll war. Wenn ich mich da irre, dann ist das so und dann lasse ich das hier ruhen.

Und nein,  ich bin nicht immer SOO kompliziert 😉

Lieben Gruß
Heinz-Dieter

Tranzendenter Würfelhusten

„Janmern ist das Kotzen der Seele. Hast du selbst einmal zu mir gesagt.“

Ich erinnere mich daran und doch gehe ich mir selbst auf die Nerven, als wir gemeinsam am See liegen, das herrliche Wetter genießen (könnten) und ich in einem fort nur Negatives von mir gebe. Ich versuche mir einzureden,  dass du das sagst um mir deutlich zu machen, dass es okay ist. Dass du da bist. Ich dich vielleicht gerade damit nerve, aber damit nicht verkackt habe für immer. Es okay ist. ES. OKAY. IST.

Aber das ist es nicht. Nicht wenn man ich ist. Denn dann mag es zwar für Andere aus einer verständigen Position heraus okay sein, für mich als denjenigen der alles boykottiert, zerredet und abschlägt wenn es eigentlich heute seit langem wieder mal schön sein könnte mit uns… für mich ist es unerträglich. Dann sitze ich dort,  hassend und vor allem selbsthassend und verschlimmere alles noch weiter. Denn nun denke ich darüber nach, dir den Tag zu zerstören, dich zu belasten und und und. Ich dekonstruiere nicht nur mich,  ich werde unfair und verletzend.

Aber wie stellten wir schon fest: das sind Komplexkisten und das sollten wir jetzt abbrechen und in gesonderte Schubladen stecken. „Morgen dann wieder“ denkt ein Teil von mir. „Morgen kann ich es besser wegstecken.“ Aber ich will nicht. Nicht Morgen. Nicht danach. Ich will gar nicht. Nichts.

Was ich vielleicht doch will. . . Das ich aufhöre wegzulaufen. Nicht vor mir,  denn mir selbst stelle ich mich seit einiger Zeit sehr direkt. Aber vor meinem Leben, in dem ich mir selbst und (vermeintlich) anderen doch eh nie genüge. Wegzulaufen vor dem Schatten dessen was sein kann, wenn ich mich von dem befreie was mich herunterdrückt und schmerzlich süße Sicherheit gibt. Je weniger ich zufrieden bin, desto weniger kann ich fallen wenn sie vorbei geht. Dass ich währenddessen stetig tiefer sinke… ist eben ein Preis den ich zahle.

„Ich traue mich nicht zufrieden zu sein,  weil dahinter ein Loch sein könnte, und mir ein vertrautes Gewicht fehlt“ schrieb ich dir einmal. Wie wahr das ist wird mir erst langsam bewußt. Vor allem, dass dort eine Freiheit lauern könnte, mit der ich nicht wüsste was ich anstellen soll.

Komische Welt

Manchmal, während ich in Phasen bin, in denen irgendwas passiert (in mir), kommt es vor, dass ich urplötzlich ein Lied höre. Ich kenne es schon eine Weile und habe es auch mehrfach gehört.
Aber mit einem Mal spricht es was in mir an, was vorher nicht da war.
So ging es mir heute mit Jupiter Jones – Momentaufnahme 3

Überhaupt, was heißt schon „kennen“, in einer Welt voll Variablen?
Wo kommt Ruhe her, wenn alles sich bewegt?
Und die Selbstverständlichkeit, fühlt sich heut wieder besonders
Und der gottverdammte Grundsatz hat’s sich anders überlegt
Dein „home from home“, ein fremder Freund, zu sehr gewollt um’s zu bereuen

Furchtbar günstig abzugeben
Halbes, kaum genutztes Leben
Fünfzig Teile Einsicht und ein tristes Firmament
Tragisch traurig einzusehen
All das Klagen, all das Wehen
Reichen für ne Faus voll bitterer Pillen und ein Kissen aus Zement

Ob du wirklich richtig lebst, siehst Du, wenn das Licht ausgeht
Doch Du hast Angst im Dunkeln und schlimmer noch davor
Eine Frage des Vertrauens macht noch lange keine Antwort
Und nicht jeder schreckverzerrte Mund trifft gleich auf offene Ohren!
Lass uns mal was klarstellen, mit mir ist überhaupt nichts los

Ich glaub nicht mehr an vieles, doch ich glaube an den Trost
Ich überlass ihn halt den Tröstern

Furchtbar günstig abzugeben
Halbes, kaum genutztes Leben
Fünfzig Teile Einsicht und ein tristes Firmament
Tragisch traurig einzusehen
All das Klagen, all das Wehen
Reichen für ne Faus voll bitterer Pillen und ein Kissen aus Zement

Die Welt ist komisch. Und wenn es in ihr kein Narrativum gibt, dann weiß ich auch nicht was es ist. Denn besser hätte ich mich gerade nicht beschreiben können.

Vom Ende einer Freundschaft

Womit fange ich an, wenn ich vom Ende reden will? Vermutlich mit dem Punkt, ab dem es endete und dann immer einen Schritt weiter bis es vorbei ist…

Ich saß auf dem Geländer eures Balkons. Diese merkwürdige, rot gemauerte Vertiefung in einer ansonsten unscheinbar gehaltenen, vom Smog der Stadt über die Jahre abstoßend gefärbten, Häuserfront. Sogar das Geländer hatten sie gemauert, damit es -wie das Haus auch- alles überlebt. Krieg, Abgase, die nächsten Generationen verkommener Mieter. Zusätzlich hatten sie eine Alu-Blech-Metall-Wasauchimmer-Krone auf die blutig rot anmutende Befestigung gesetzt und somit ihr glänzendes Denkmal für die „Ewigkeit“ gesetzt. Ein hässliches, kaltes Denkmal, aber immerhin doch für alle Zeiten gesetzt, die in der Gedankenwelt der Erbauer eine Rolle spielen könnten.
Es war eine wirklich kalte Nacht, zumindest gemessen an den Nächten vor und nach dieser Einen und den Temperaturen des Tages selbst. Vielleicht war es aber auch nicht wirklich kalt und nur das Gefühl von Kälte ist in meiner Erinnerung geblieben.

Ich erinnere mich daran, dass es regnete. Denn während ich dort saß und (vermeintlich) fror, gluckerte am Straßenrand ein deutliches Rinnsal durch den Rinnstein. Ich erinnere mich daran ganz genau; lange saß ich dort und philosophierte darüber, woran mich dieses Wasser erinnerte. Es waren nicht die Tränen, die für uns vergossen wurden. Es war nicht die Schwelle zum Jenseitigen die sich nur für mich in jener Nacht im fahlen, gelblichen Licht der Straßenbeleuchtung offenbarte. Letztlich, so kam ich mit mir selbst überein, musste es das Blut der Stadt sein. Je länger ich hinschaute, desto mehr nahm ich ein Pulsieren in den Strömen wahr, desto mehr gewann das Dunkel dieser Venen die Ähnlichkeit zu Blut. Es war kein direktes Rot – denn die Farbenwelt, derer sich eine nächtliche Welt in fahler, gelblicher Straßenbeleuchtung bedient – ist einzigartig.
Wer sagt, alle Katzen seien Nachts grau, hat noch nie in einer Stadt gelebt. Nachts sind alle Katzen, Autos, Busse, Menschen, Regentropfen, Wände, Asphalt… einfach alles… schmutzig und fahl gelblich, einzig durch ihren Grundton unterscheidbar. Oder im Schatten dieses Lichts und durch die Ablenkung der Lampen unsichtbar für unsere einfach gestrickten Augen.
Jenen Augen, die – wie unser Hirn – meist nur das Offensichtliche sehen wollen und sogar davor nur all zu oft die Lider verschließen.

Du hast geraucht, ganz die Schurkin eines Hollywooddramas, während du still im Schatten auf der Bank gesessen hast. Der Schatten der Wand, durch das rückwärtige Licht so geworfen, umgab dich mit einer Stofflichkeit, die über die Tiefe von Schatten hinausging. An jenem Abend hattest du dich in deinen Wintermantel gehüllt, doch was dich wirklich umhüllte war viel mehr als nur Stoff und der Rauch deiner ewig glimmenden Kippe. Ihre Leuchtspur, wenn du sie zum Mund führtest und ihr stetiges Pulsieren, während du einen Zug nahmst, bildeten die einzigen Löcher in der undurchdringlichen Mauer, die in der Stille der Nacht eiskalte, scharfe Kanten bekam.

Wir saßen lange, schweigend, in der Kälte dieser bizarren Nacht. Unbewegt in unseren Positionen, weit weg von unserem Körpern. Vermutlich hätte mir eine Zigarette ebenfalls gestanden, wie ich dort auf der Brüstung saß; ein Bein lässig herunterbaumelnd, eines auf dem Geländer abgestellt und nahe an meinen Körper herangezogen. Ich lehnte mich gegen die kalte, wegen des Regens schleimig nasse, Wand und verschränkte die Arme über dem Knie. Eine Zigarette hätte gepasst. Ebenso ein Hut und Stiefel mit Sporen. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert und ich rauche nicht. So blieb mir nichts um meine Gedanken festzuhalten und jedesmal, wenn meine Aufmerksamkeit zufällig an die Oberfläche tauchte, hatte sich an der Szenerie nichts verändert.

Es gibt viele Ansichten, wie Zeit sein könnte. Ein Fluß, ein Ozean, eine Uhr mit 2 bis 3 Zeigern, ein Zahnrad hinter den Vorhängen unserer Welt, eine Art Kleber zwischen den Dingen und ihren Zuständen, Unsinn, subjektiv und in der Grundsache zu wenig vorhanden, endlos und unsichtbar…
In jener Nacht hatte sie sich selbst vergessen. Ihre Bestimmung, ihr Streben, ja sogar ihre Form war einer gesichtslosen undefinierbaren Stasis gewichen. Wenn Zeit als Übergang eines Zustands in einen anderen gilt, hatte sie damals bestimmt vergessen weiter zu gehen.
Ich erinnere mich, das durch ihr Fehlen auch die Kälte verblasste, der Regen leiser wurde und es mir unmöglich wurde mit meinen Gedanken an der Oberfläche zu verweilen. Die Zeit war gegangen und hatte allen Dingen einen Anstrich aus Belanglosigkeit verpasst, unter dem, leise tröpfelnd, der Kern der Sache vermoderte.

Dort saß ich also in jener kalten Oktobernacht, während die Stille das Leben aus unserer Freundschaft drückte und in genüsslicher Ruhe das Mark aus den Knochen unserer Verbundenheit schlürfte.
Ich stand, irgendwann, auf und ging, hinter mir die zerbrochenen Gebeine dessen was ich für langlebig gehalten hatte.
Ich stand auf und ging in völliger Stille, als ich an der Tür nach innen kurz innehalten musste, weil mir der perfekte Satz zum Ende einfiel. Doch als ich zu dir hinüber sah warst du immer noch nicht viel mehr als Schatten und Zigarettenglühen und mir fiel auf, dass der Satz zu dem Hollywoodverständnis der Situation gepasst hätte, das Leben aber eigentlich auch ohne Platitüden auskommt.

„A proper story’s supposed to start at the beginning.“ Das sollte sie wirklich. Doch wo beginne ich, wenn das Ende der Anfang ist und damit die Geschichte vorbei ist, bevor sie beginnt?

Ich gehe schweigend und damit ist eigentlich alles gesagt.